110 Jahre Radfahrerverein „Wanderlust“ Ganacker e.V.
Franz Huber
Nachdem die damaligen Schriftführer Ludwig Köppl und Xaver Schmid in den Festschriften 1984 bzw. 2004 bereits sehr ausführlich aus der Chronik unseres Vereins berichtet haben und dabei zeitgleich das Geschehen im Dorf bis hinaus in die Welt erwähnten, sollen in dieser Festschrift neben Daten und Fakten aus der langen Vereinsgeschichte in der Hauptsache Fotos, Dokumente und Relikte vorgestellt werden, welche bisher noch nicht veröffentlicht wurden
Der Radfahrerverein „Wanderlust“ Ganacker wurde im Mai 1904 unter Vorstand Xaver Hiergeist aus Gosselding im Gasthaus der damaligen Besitzer Alois Buchner und Xaver Hiergeist (später Brauerei Krieger) gegründet. Er war damals nach der Freiwilligen Feuerwehr der zweite Verein in der Ortschaft Ganacker. Bereits zwei Jahre später, im Jahre 1906 feierte man unter dem vorher genannten Gründungsvorstand das zweijährige Bestehen. In den Niederschriften des Vereins ist hierzu vermerkt, dass bereits bei diesem Fest eine kleine, leider nicht mehr vorhandene, Standarte geweiht wurde; dafür ist noch das erste Vereinsabzeichen aus dem Jahre 1906 vorhanden.
1906 - Erstes Vereinsabzeichen 30. Mai 1906 - Aufnahms-Urkunde für Sebastian Huber
(Großvater von Sebastian Huber jun.)
Wie aktiv die Mitglieder des Radfahrervereins bereits vor dem zweiten Weltkrieg waren, das kann man anhand von Originalaufzeichnungen des damaligen Vorstands Sebastian Huber sen. aus dem Jahre 1934 ersehen. Demnach war der Verein trotz der Wirren des Ersten Weltkriegs bis zu diesem Zeitpunkt bereits 40mal auswärts unterwegs. Am 11. Mai 1934 zum Beispiel waren die Radler beim Pfingstvolksfest in Pilsting mit 25 Mitgliedern, der Standarte, zwei Korsowagen (Sommerhaus und Luftballon) und einem Hochrad vertreten.
11. Mai 1934 – Mit dem Ballon beim Korsozug anl. des Pilstinger Pfingstvolkfestes
Das Fahrrad war für die Bewohner von Ganacker immer schon nicht nur ein Mittel zur Fortbewegung. Es war auch dazu da, dieses bei Radlerfesten in Korsofahrten in vielfältiger Art und Weise zu präsentieren. Die Bemühungen um den Aufbau und das Fortbestehen des Radlervereins drücken wohl am besten die Worte des damaligen ersten Vorstands Sebastian Huber sen. bei seiner Rede beim 30jährigen Gründungsfest am 10. Juni 1934 aus, wo er u. a. sagte: „Es war im Jahre 1904, da wurde unser Verein gleich wie ein kleines Bäumchen in das Dorf Ganacker gepflanzt, in der Hoffnung, daß es blühen und gedeihen möge und die Hoffnung der Gründer ist in Erfüllung gegangen, denn schon nach kurzer Zeit ist aus ihm ein stattlicher Baum geworden, der seine Zweige nicht bloß über das ganze Dorf, sondern auch über die ganze Gemeinde hinweg streckte.“
10. Juni 1934 – Standartenträger mit der 10. Juni 1934 – Ganackerer Hochradfahrer
Standarte vor dem Vereinslokal Berger beim 30jährigen Gründungsfest
Anfang des Zweiten Weltkriegs, am 14. Dezember 1939, taucht zum ersten Mal im Zusammenhang mit der Übergabe der Vereinskasse mit 62,62 Reichsmark zur Aufbewahrung und Sicherung an die Gemeinde Ganacker der Name „Sportverein Ganacker“ auf. Der genaue Wortlaut über diesen Vorgang befindet sich noch in der Original-Niederschrift im Vereinsarchiv. Ab dem 22. Juli 1942 gehörte der Verein dem „Reichsbund für Leibesübungen“ an. Dies geschah, nachdem die Vereinssatzung durch den Sportgauführer in Bayreuth geprüft und genehmigt wurde. Mit Schreiben vom 8. Januar 1943 teilte Justizinspektor und Rechtspfleger Müller vom Amtsgericht Landau dem damaligen kommissarischen Vereinsführer Sebastian Huber sen. mit, dass ab diesem Tag der „Sportverein Ganacker“ in das Vereinsregister eingetragen ist.
Die Mitglieder des Vereins standen immer wieder zusammen, um den Verein nach Niederschlägen wie den beiden Weltkriegen wieder aufzubauen – wieder einen neuen Anfang zu wagen. Im wahrsten Sinne des Wortes musste man auch das Vereinslokal wieder aufbauen. Dieses brannte nämlich nach einer Brandstiftung am 23. November 1942 bis auf die Grundmauern nieder. Es gab zu diesem Zeitpunkt nur dieses Gasthaus in Ganacker und somit war es auch das Vereinslokal des Radfahrervereins; der Pächter damals war Anton Berger. In dem Gebäude befanden sich sämtliches Inventar des Vereins; Pokale, die verschiedensten Trophäen, Erinnerungsstücke, Gerätschaften und diverse Ausrüstungsgegenstände. Leider wurde auch das Protokollbuch Nr. 1 ein Raub der Flammen und so kann man das Vereinsgeschehen über einen Zeitraum von gut 38 Jahren nur noch schwer nachvollziehen. Diesem Brand fiel auch die Standarte von 1906 zum Opfer. Zum Glück war die jetzige kleine Standarte zu diesem Zeitpunkt nicht im Gasthaus und kann somit bis heute zu den verschiedensten Gelegenheiten mitgetragen werden. Diese Standarte, 1924 beim 20jährigen Gründungsfest geweiht, wurde von einem großen Gönner des Vereins, dem Elektromeister Sebastian Zollner aus Ganacker gespendet.
1942 – Schöne Siegestrophäen, welche beim Brand des Vereinslokals am 23. November 1942 vernichtet wurden.
Der Verein hat in seiner 110jährigen Geschichte gute, erfolgreiche Jahre aber auch schlechte, harte Zeiten durchlebt, welche, wie bereits geschrieben, in der Hauptsache durch die beiden unseligen Weltkriege verursacht wurden. Bei diesen Kriegseinsätzen und in der Kriegsgefangenschaft verloren auch aus den Reihen unseres Vereins viele junge Männer ihr Leben. Durch deren Einberufung zur Deutschen Wehrmacht kam das Vereinsgeschehen in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs bis zu dessen Ende zwangsläufig zum Erliegen.
Die Besatzungsmächte verboten in den Nachkriegsjahren jegliches Vereinsleben und somit auch das des Radfahrer- bzw. Sportvereins. Als die damaligen Machthaber mit der Zeit wieder Vereinsarbeit zuließen, fanden sich immer mehr Ganackerer zusammen, um ihren Verein wieder mit Leben zu erfüllen. Am 13. März 1948 war es dann bei einer Versammlung im Gasthaus Berger soweit, dass der Verein mit 58 eingetragenen Personen in einer Mitgliederliste wiedergegründet wurde. Zur Wiedergründung mussten allerdings mehrere Auflagen erfüllt, fünf Bürgen bestellt und von drei Vereinsvertretern eine Erklärung an das Landratsamt Landau a. d. Isar unterzeichnet werden. Darin musste u. a. bestätigt werden, dass alle aktuellen und zukünftigen Mitglieder politisch einwandfrei sind und die Tätigkeit des Vereins mit den demokratischen Zielen der Besatzungsmacht vereinbar ist.
Am 30. April 1948 erhielt der Radfahrerverein dann durch das Landratsamt Landau a. d. Isar unter bestimmten Bedingungen die offizielle Genehmigung zur Wiedergründung unter dem alten Namen. Damit der Verein für zukünftige Aktivitäten auch über ein finanzielles Polster verfügen konnte, wurde bereits fünf Wochen später am 6. Juni 1948 ein Maifest veranstaltet. An diesem Tag wurde ein Maibaum aufgestellt, ein Radrennen, Sackhüpfen und verschiedene lustige Wettbewerbe durchgeführt. Am Abend zum Maitanz bezahlte man dann je 1 RM für Eintritt und Musik. Der zuständigen Preisbehörde war der Preis zu hoch und so wurde der damalige Vorstand Johann Helmbrecht mit einer Geldbuße von 150 RM bestraft; durch die zwischenzeitliche Währungsreform waren es dann 15 DM. Bis zu dieser Reform hatte der Verein 1.667,87 RM in der Vereinskasse; am Tag danach praktisch keinen Pfennig. Bis Ende des Jahres 1948 konnte man die Kasse durch zwei Tanzveranstaltungen zumindest mit 154,13 DM wieder etwas füllen.
27. Dezember 1948 – Mitgliedskarte Nr. 11 von Sebastian Huber sen.
Schon im nächsten Jahr, 1949, nahm der Verein durch einen Vereinsball, dem ersten Familienball (später vom Krieger- u. Veteranenverein übernommen), einem Kappenabend, einem Maibaum mit Maitanz, einem Ernte- und Kirtatanz gesellschaftlich und finanziell einen enormen Aufschwung. Bei diesen Veranstaltungen waren auch viele Bewohner aus dem nahen Flüchtlingslager Ganacker zu Gast.
Mai 1934 – Jakob Laubmeier, Sebastian Huber sen., und Jakob Kerscher sen. (von links) mit der Standarte des Radfahrervereins im Huber-Garten; im Hintergrund steht ein großer Maibaum des Radlervereins vor dem Vereinslokal
Schon im nächsten Jahr, 1949, nahm der Verein durch einen Vereinsball, dem ersten Familienball (später vom Krieger- u. Veteranenverein übernommen), einem Kappenabend, einem Maibaum mit Maitanz, einem Ernte- und Kirtatanz gesellschaftlich und finanziell einen enormen Aufschwung. Bei diesen Veranstaltungen waren auch viele Bewohner aus dem nahen Flüchtlingslager Ganacker zu Gast.
27. Mai 1954 – Festakt vor dem Krieger-Gasthaus mit dem damaligen Pächter Franz Geier; mit auf der Festbühne u. a. Festausschussvorsitzender Sebastian Huber sen., Fahnenmutter Centa Pongratz, Festjungfrauen und Festausschussmitglieder
Neben dem ersten Radlerfest nach dem zweiten Weltkrieg am 29. Juni 1949 beim Radfahrerverein „Isarstrand“ Mamming war unser Verein noch bei Radlerfesten in Furth bei Landshut, beim damals noch aktiven Nachbarverein Parnkofen und beim Volksfestzug in Haidlfing anlässlich der 1200 Jahrfeier mit teilweise starken Abordnungen erfolgreich vertreten. Bei diesen Veranstaltungen konnte man wieder Pokale gewinnen (den ersten am 10. Juli 1949 in Furth) und damit wieder einen Grundstock für die durch den Wirtshausbrand vernichteten Trophäen anlegen.
Auch in den folgenden Nachkriegsjahren waren die Vereinsmitglieder sehr aktiv. Neben den bereits genannten Veranstaltungen im Dorf beteiligte man sich wieder mit vielen Mitgliedern an mehreren Radlerfesten auswärtiger Vereine.
Das erste Radlerfest nach dem Krieg in Ganacker wurde dann am 27. Mai 1954 unter dem 1. Vorstand Ludwig Oberhofer sen. abgehalten. Da in dieser Zeit auch auf dem Lande die Motorisierung immer mehr Einzug hielt, wurde im Radfahrerverein der Beschluss gefasst, den Verein in „Rad-Auto- und Motorsportverein“ umzubenennen. So fuhren beim 50jährigen Gründungsfest nicht nur Fahrräder, sondern auch Motorräder und Autos im Festzug mit.
Bereits sieben Jahre später, ab 1961, wurde der Verein wieder unter seinem ursprünglichen Namen geführt. In dieser Zeit, von 1954 bis 1961, bestellte die Vereinsführung einen Leiter für die Abteilung „Radsport“.
Nach dem 50jährigen Gründungsfest 1954 wurde 1964 das 60jährige, 1984 das 80jährige und 2004 das 100jährige Gründungsfest in einem jeweils größeren Rahmen gefeiert. Zu diesen Festen, bei denen viele auswärtige Vereine zu Gast waren, kamen zahlreiche Besucher ins Dorf; besonders zu den Korsofahrten am Nachmittag. Wurden die Gründungsfeste bis 1954 nur an einem Tag abgehalten, so feierte man 1964 bereits an zwei-, 1984 an fünf- und 2014 an sechs Festtagen. Beim 110jährigen Gründungsfest will man diesen Trend aber nicht weiter steigern, sondern an drei Tagen das Fest begehen.
Der Korsowagen mit dem Ganackerer Sender beim 60jährigen Gründungsfest
Vorstand Sebastian Huber jun. bei seiner Rede zur Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal beim 60jährigen Gründungsfest; mit auf dem Foto u. a. Fahnenmutter Rosa Oberhofer.
3. Juni 1984 – Der damalige Ganackerer Pfarrer Peter Hubbauer weiht beim 80jährigen Gründungsfest die neue Standarte.
Man muss hier der Vollständigkeit halber noch anfügen, dass beim Radfahrerverein am 17. September 1994 auch das 90jährige Bestehen gefeiert wurde. Bei diesem Jubiläum wurde aber keine Korsofahrt durchgeführt. An diesem Festtag wurde bei einem Festakt in der Leonhardikirche die kleine Standarte, welche restauriert wurde, gesegnet und im Anschluss daran stand ein Ehrenabend in der Gögl-Festhalle (Gewächshaus) auf dem Programm.
In diesem Jubiläumsjahr und auch 1999 anlässlich 95 Jahre Radfahrerverein wurde jeweils im Gasthof Axthammer/Bartonik ein Heimatabend veranstaltet, welcher bei einem ansprechenden Programm ein ausverkauftes Haus zu verzeichnen hatte. Auch am 6. November 2010 wurde ein Heimatabend abgehalten; es war im so genannten „Kaiser-Saal“ (Besitzer Leo Kaiser). Dies war die letzte größere Veranstaltung in dem Traditions-Gasthaus, in welchem 1904 der Radfahrerverein gegründet wurde, welches 1942 abbrannte und nach mehreren Pächtern zuletzt bis zum 28. Januar 2007 im Besitz von Maxi Bartonik (Axthammer) war. Bei vollem Haus wird dieser Heimatabend mit vielen Programmhöhepunkten von Akteuren aus Ganacker und Umgebung einem begeisterten Publikum noch lange in Erinnerung bleiben.
Wie uns die Geschichte zeigt, kann man frühere Gründungsfeste auf keinen Fall mit denen von Heute vergleichen. Diese werden mit einem viel höheren Aufwand betrieben, sei es organisatorisch, finanziell oder auch sicherheitstechnisch. Bei diesen aufwändigen Vorbereitungen hofft man vor allem, dass der Herrgott zumindest bei der Korsofahrt ein gutes Wetter bereiten möge, damit die erhofften Besucherströme ins Dorf kommen. Dabei erinnert man sich nur ungern an das beim 100jährigen Gründungsfest Ende Mai 2004, wo die Festtage bei hochsommerlichen Temperaturen begannen und am Festsonntag mit einer Korsofahrt bei frostigem Graupelschauer endeten.
Der „Radlerverein“, wie er bei uns im Dorf nur genannt wird, war immer schon eine Gemeinschaft, der sich Jung und Alt gerne anschlossen. Es ist schon fast selbstverständlich, dass mehrere Generationen einer Familie gleichzeitig dem Verein angehören; vom Kleinkind bis zu den Großeltern. Die Kleinsten werden immer schon sehr früh mit den Vereinsaktivitäten vertraut gemacht und sind auch bei den Radlerfesten mit Begeisterung dabei; entweder auf den Korsowägen oder sie fahren so bald als möglich mit ihren Kinderfahrrädern im Festzug mit. Zu diesen Umzügen werden von den Mitgliedern immer wieder gute Ideen bzgl. neuer Korsowägen und der Beschaffung historischer Fahrräder in die Tat umgesetzt. Der Lohn dafür sind immer wieder erste Preise für die meisten Punkte bei der Korsofahrt, für die meisten weiblichen Teilnehmer oder für die weiteste Anreise.
Die Fahrten zu den Radlerfesten musste man bis in die 60er Jahre noch mit Fahrrad bewältigen. Darum fuhr eine mehr oder weniger starke Abordnung bei jeder Witterung meistens schon am Tag zuvor zu den weit entfernten Veranstaltungsorten wie Ampfing oder Kastl. Aufgrund des immer stärker werdenden Verkehrsaufkommens stieg man dann aus Sicherheitsgründen auf PKWs um und der gesamte Fuhrpark wird mit LKWs transportiert. Die Vereinsmitglieder fahren entweder mit eigenen PKWs oder sie werden mit Bussen befördert.
1935 – Mitglieder des Radfahrervereins bei einem auswärtigen Radlerfest.Auf diesem Foto konnten bisher nur wenige Personen identifiziert werden.Vorne von links nach rechts: Ludwig Hau, Alois
Glück, Xaver Mayer, Xaver Guggenthaler, Jakob Laubmeier, N.N., N.N., Jakob Kerscher
29. Juli 1956 – 80 km mit dem Fahrrad zum Radlerfest nach Ampfing; der Lohn: Weitheitspreis Von links: Johann Helf, Anton Danner, Johanna Lermer, Jakob Kerscher, Walter Mühlberger, Maria Kerscher, Xaver Strähuber, Willi Huber, Josef Reichardt, Alfred Bauer und ein Ampfinger Taferlbub
Aufgrund der immer stärker werdenden Konkurrenz unter den Radlervereinen versucht man in den Reihen unseres Vereins, möglichst viele Teilnehmer zu den Korsofahrten bei den Radlerfesten zu gewinnen. Darum ist man bei auswärtigen Festen nicht selten mit mehr als 100 Mitgliedern vertreten; mit Jung und Alt, mit Frau und Mann, mit Kind und Kegel. Dabei bekommt man immer wieder die Frage gestellt, wer denn überhaupt noch zuhause in Ganacker ist.
Im umfangreichen Inventar des Vereins, welches zum großen Teil seit dem 1. Mai 2012 in einer neuerbauten Gerätehalle untergebracht ist, gibt es u. a. jede Menge historische Fahrräder und Korsowägen. Von diesen sind zum Beispiel ein Ballon zu nennen, welcher schon seit den 30er Jahren mitgeführt wird und auch ein Modell des ehemaligen Ganackerer Senders, welcher im Original vom 15. September 1951 bis zum 15. April 1968 als Mittelwellensender des Bayerischen Rundfunks im Ganackerer Moos in Betrieb war. Zu den ältesten Korsowägen zählt auch das Modell eines Fliegers, das aus einem Flugzeugtank, einem Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg vom ehemaligen Flugplatz Ganacker, gebaut wurde. Voller Stolz auf unsere Leonhardikirche führt man auch ein Modell unserer weithin bekannten Wallfahrtskirche mit, welches von Franz Schneider, Ganacker (jetzt Landau), Josef Fischer, Gosselding (jetzt Haidlfing) und Alfred Reichardt, Ganacker (jetzt Bogen) 1961 für einen Festwagen beim Ganackerer Leonhardiumritt maßstabsgetreu angefertigt wurde.
20. Juli 1975 – Fritz Ederer, Alois Müller sen. und Rudi Ton (von links) mit dem von Fritz Ederer konstruierten Dreirad beim Radlerfest in Gottfrieding
24. Juli 1983 – Herbert Hiergeist (links) und Josef Kerscher mit dem „Flieger“ beim Radlerfest in Teugn; der Pilot war damals Christian Huber
Außerdem sollte neben vielen anderen Korsowägen noch das Schwarzwaldhaus, ein Wegkreuz/Marterl, die Erntekrone, eine Windmühle und seit neuestem eine mit viel Aufwand restaurierte indische Rikscha erwähnt werden. Bei diesen Korsowägen darf auch das Modell eines Taubenkobels nicht fehlen, wovon im Original noch drei schöne Exemplare in Bauernhöfen unserer Ortschaft zu sehen sind. Im Fahrzeugbestand des Vereins gibt es auch Laufräder; u. a. ein französisches vom Typ „Michauline“ aus dem Jahre 1867.
Unser Verein war auch einer der ersten Radlervereine, wo beim Hochradfahren nicht nur Männer im Sattel saßen. Nachdem sich im Laufe der Zeit einige Damen das Fahren mit so einem hohen Gefährt zutrauten, weckte dies auch bald das Interesse bei den Jugendlichen und Kindern. Darum bauten handwerklich begabte Vereinsmitglieder 1999 eine Vielzahl von kleinen Hochrädern. In Übungsstunden wurde dem Radlernachwuchs dann die nötige Sicherheit für das Hochradfahren beigebracht. So wurden ihre Fahrkünste bald bei Radlerfesten und diversen Veranstaltungen bewundert. Die Hochräder für die erwachsenen Radler wurden zum größten Teil ebenfalls von Mitgliedern des Radlervereins angefertigt. Hier ist an erster Stelle Alfred Bauer sen. (*29.07.1936 - +17.08.1994) zu nennen, der sich als erster an den komplizierten Bau dieser Räder heranwagte. Einige Hochräder wurden inzwischen auch käuflich erworben. Ernst Schütz sen. war es vorbehalten, beim Radlerfest in Bergen im Juli 1978 mit einem geliehenen Gefährt der erste Hochradfahrer unseres Vereins zu sein.
Inzwischen reichen die Beziehungen und der Bekanntheitsgrad des Radfahrervereins nicht nur über die Grenze der damaligen Gemeinde Ganacker, sondern weit über die Landkreisgrenze, ja über Niederbayern hinaus. Er ist durch die Bestrebungen der Verantwortlichen sogar in anderen Bundesländern bekannt geworden und war dabei des Öfteren erfolgreich; zahlreiche Korsopreise zeugen davon. Unser Verein hat inzwischen ein sehr gutes Verhältnis zu den anderen Radlervereinen und kann aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung und durch sein erfolgreiches Auftreten ein gewichtiges Wort bei Entscheidungen zu den Statuten in Sachen Korsowertung mitreden.
Wenn wir bis zur Gründung unseres Vereins vor 110 Jahren im Mai 1904 zurückschauen, dann kann man feststellen, dass sich der Verein immer dem Lauf der Zeit, dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel der 11 Jahrzehnte angepasst hat. Veranstaltungen musste man fallen lassen, andere Aktivitäten wurden dafür eingeführt.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Ganacker mehrere Vereinsgründungen. Dies bedeutete, dass viele Bewohner von Ganacker und den umliegenden Gemeindeteilen bei mehreren Vereinen Mitglied waren, hier auch aktiv mitwirkten und somit ehrenamtlich stärker belastet wurden.
In der Generalversammlung am 26. Dezember 1938 wurde beschlossen, eine Abteilung der „Enzian-Schützen“ zu gründen. Diese wurde dann am 7. Januar 1939 mit dem ersten Schießabend offiziell ins Leben gerufen. Acht Monate später brach der Zweite Weltkrieg aus und so kam der Schießbetrieb nach kurzer Zeit schon wieder zum Erliegen. Ende 1950 wurde die Schützenabteilung bereits wiederbelebt. Das Vereinsleben erfreute sich in den nächsten Jahren, trotz eines zweiten Ganackerer Schützenvereins, den „Edelweißschützen“, regen Zuspruchs und vieler Aktivitäten. Es gab Vergleichsschießen mit Nachbarvereinen und beim jährlichen Schützenball wurde der Schützenkönig gekürt, welcher dann mit seiner Schützenliesl den Ball eröffnete. Das Vereinslokal der Schützen war am Anfang im Gasthaus Krieger und dann bis zuletzt im Gasthaus Moser. Als Schriftführer und Kassier fungierte hier von 1950 bis 1976 Sebastian Huber sen. Anfang der 70er Jahre wurde in Ganacker der Ruf nach einem Fußballverein immer stärker und das Interesse für den Schießsport erlahmte dadurch mit der Zeit immer mehr. So musste man nach fast 37 Jahren am 26. März 1976 den Schießbetrieb endgültig einstellen.
Die Weichen zur Gründung eines Fußballvereins in Ganacker wurden gestellt. Bis dahin spielten die meisten Ganackerer Fußballer beim Nachbarverein SV Haidlfing. Am 31. März 1973 war es dann soweit und es wurde der Sportverein Ganacker gegründet. Da man hierzu eine wirtschaftliche Sicherheit benötigte, stellte sich der Radfahrerverein unter der Leitung des damaligen Vorstands Sebastian Huber jun. mit einer finanziellen Bürgschaft zur Verfügung. Nachdem der SVG sich im Laufe der Zeit zu einem gesunden, wirtschaftlichen Verein entwickelte, stellte man sich am 25. Oktober 1976 durch eine Eintragung ins Vereinsregister auf eigene Beine und der Radfahrerverein konnte sein Patenkind mit ruhigem Gewissen aus der Gemeinschaft entlassen.
Von 1958 bis 1962 gab der Radfahrerverein im so genannten Theaterverein mit der Freiwilligen Feuerwehr und dem Krieger- und Veteranenverein auf einer gemeinsam erbauten Theaterbühne im stets ausverkauften Saal des Gasthauses Krieger Theateraufführungen, bei welchem das Publikum je nach Auswahl des Theaterstücks entweder Tränen der Rührung oder der Freude vergossen hat.
Mitte der 50er Jahre lud der Verein auch zu Faschingshochzeiten ein. Diese wurden mit vielen Akteuren unter großem Aufwand in den Ganackerer Gasthäusern durchgeführt und erfreuten sich bei den vielen Besuchern großer Beliebtheit.
3. März 1957 – Einladung des Rad-, Auto- und Motorsport-Vereins zur Faschingshochzeit in das Gasthaus Steinbach
3. März 1957 – Viel Trubel beim Faschingszug mit den Hauptdarstellern und begeisterten Zuschauern
11. Dezember 1960 - Die Gruppe des Theatervereins nach der Aufführung „Die Sternhoferbuam auf Brautschau“
Von links-hinten: Sebastian Huber sen., Andreas Sperlich, Hilde Schneider, Maria Kerscher, Willi Huber, Johann Bürger sen.
Von links-vorne: Josef Oberhofer sen., Erna Sperlich mit Spitz, Richard Stoiber, Willi Buddrus
Der Verein beteiligte sich bis Anfang der 60er Jahre alljährlich mit einem Festwagen am Leonhardiumritt anlässlich des Patroziniums unseres Kirchenpatrons.
In den 70er Jahren war man in Deutschland und Teilen Europas an den Wochenenden in Volkswandertagen unterwegs. Hier starteten neben vielen Wandervereinen auch Ortsvereine und so machten sich die Ganackerer Radler ausnahmsweise mal zu Fuß auf die Wege in unserer Heimat. Aufgrund vieler Teilnehmer konnten sie auch da so manchen Preis für die stärkste Gruppe mit nach Hause nehmen. Seit Anfang der 80er Jahre richtet der EC Pilsting jedes Jahr eine Marktmeisterschaft im Stockschießen aus. Hier beteiligte sich in den Anfangsjahren auch ein Team des Radfahrervereins und konnte dabei überraschend gute Platzierungen verbuchen; 1985 sogar Marktmeister werden.
Die Verantwortlichen des Vereins suchen immer wieder nach neuen Aktivitäten im Bereich der Freizeitgestaltung. So wird seit 1995 alljährlich Anfangs Mai die so genannte Familienradtour durchgeführt. Seit 1997 begeben sich Vereinsmitglieder, die sich im wahrsten Sinne des Wortes mit Leib und Seele dem Radsport verschrieben haben, auf größere Fahrten im Inland und dem europäischen Ausland. Weniger anstrengend dagegen dürfte die Mittwochstour für die Gruppe der Freizeitradler sein, welche sie über die Wege durch die Fluren unserer heimatlichen Gefilde führt.
Neben den sportlichen Freizeitaktivitäten versucht man auch im gesellschaftlichen Bereich durch verschiedene Veranstaltungen die Mitglieder immer wieder zu motivieren und für den Verein zu gewinnen.
So wird in der Faschingszeit seit 1983 ein Kappenabend veranstaltet. Hier gibt es seitdem im stets vollbesetzten Vereinslokal Müller bei einer reichbestückten Tombola u. a. ein schönes Fahrrad zu gewinnen. Von 1982 bis 1997 wurde am Dreikönigstag unter der Regie der Bergstadtwanderer Landau im Vereinslokal Müller ein Rosswurstessen angeboten. Seit 1998 liegt nun die Durchführung dieser inzwischen schon traditionellen Veranstaltung in den Händen des Radfahrervereins. Seit fast ebenso vielen Jahren lädt der Radfahrerverein am Dreikönigstag zum inzwischen schon traditionellen Rosswurstessen ein. Andere Gaumenfreuden gab es im Mai 2006 bei einem Spargelfest vor dem Hof der Familie Gögl. Bei winterlichen Temperaturen wird die zuletzt eingeführte Veranstaltung des Vereins, die Glühweinparty abgehalten. Hier feiert man seit dem Jahre 2008 Anfang Dezember vor dem Gasthaus Müller mit den angebotenen Speisen und Getränken entsprechend der Jahreszeit. Im März 2009 versuchte man sich als Konzertveranstalter. Im Saal von Leo Kaiser spielten die „Zellbergbuam“ vor einem begeisterten Publikum ihre durch Funk und Fernsehen bekannten Hits. Zur Tradition geworden sind inzwischen auch die Vereinsausflüge. Hier ist man fast jedes Jahr an mehreren Tagen zu Reisezielen im In- und dem benachbarten Ausland unterwegs.
Weil zuvor gerade von der Patenschaft für den Sportverein Ganacker die Rede war, so darf man nicht vergessen, dass unser Verein immer wieder auch befreundeten Radlervereinen als Patenverein bei Gründungsfesten zur Seite stand. Hier muss man an erster Stelle den Nachbarverein „Edelweiß“ Haidenkofen nennen, zu dem unser Verein schon seit Jahrzehnten ein sehr gutes kameradschaftliches Verhältnis pflegt. Patenschaften zwischen den Vereinen von Haidenkofen und Ganacker sind inzwischen zur Tradition geworden und für die besondere Freundschaft untereinander sind hier als bestes Beispiel die beiden ehemaligen Vorstände Weinzierl Schos und Huber Wast zu nennen. Beim 110jährigen Gründungsfest ist die Reihe wieder an den Nachbarn aus Haidenkofen, unseren Radlerverein in den Festtagen als Pate zu unterstützen.
Patenverein beim 70jährigen Gründungsfest von „Edelweiß“ Haidenkofen - Fahnenmutter Anni Kammermeier, Ehren-Fahnenmutter Rosa Oberhofer, Taferlbub Richard Kammermeier jun. und Fahnenjunker Alois Müller jun. mit den Festmädchen und Festdamen
Dieser Bericht soll nur als Streifzug durch die Geschichte unseres Radfahrervereins angesehen werden und erhebt keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit. Dabei wurde absichtlich auf den Bezug vom jeweiligen Vereinsgeschehen zu den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Ereignissen im Dorf bis hinaus in die Welt verzichtet. Dies haben, wie bereits am Anfang dieses Berichts hingewiesen, die Autoren der Festschriften von 1984 und 2004 bestens dargelegt.